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Prüfung nach DIN 18202

Die Einhaltung von Toleranzen ist nur dann zu prüfen, wenn dies erforderlich ist.

Um Einflüsse aus zeit- und lastabhängigen Verformungen weitgehend auszuschließen, sind die Prüfungen so früh wie möglich, spätestens jedoch bei der Übernahme von Bauteilen durch Folgeauftragnehmer durchzuführen. Die Prüfung von Toleranzen ist jedoch spätestens unmittelbar nach Fertigstellung des Bauwerks durchzuführen.

Für das anzuwendende Messverfahren wird dem Prüfer die Wahlmöglichkeit eines geeigneten Messverfahrens überlassen. Bei der abschließenden Beurteilung ist die mit dem Messverfahren verbundene Messunsicherheit aus optischer Ablesung einer Messskala oder technischer Geräteeinstellung zu berücksichtigen und anzugeben.

Grundsätze der Prüfung nach DIN 18202

Die Lage von raumbildenden oder sonstigen Bauteilen wird durch die Bauplanung bestimmt. Im Rahmen der Bauplanung erfolgt die Lagebestimmung i. d. R. durch zeichnerische und maßliche Angaben zur Form und zur Lage im Raum.

Für die Prüfung werden Anforderungen an die Form und Anforderungen an die Lage eines Bauteils oder Bauwerks unterschieden.

Anforderungen an die Form beinhalten:

  • Maße (z. B. Länge, Breite, Höhe, Dicke)
  • Winkel (z. B. zwischen Bauteilkanten)
  • Flächen (insbesondere ebene Flächen)

Zu den Anforderungen an die Lage gehören:

  • Maße (hier in Bezug auf Punkte, Linien, Ebenen im Raum, wie z. B: Achsabstände, Höhenkoten)
  • Winkel (hier in Bezug auf eine Richtung (z. B. Senkrechte, Waagerechte)
  • Fluchten (hier in Bezug auf Stützen, die auf einer Flucht­linie angeordnet sind)

Form und Lage und die damit verbundenen Anforderungen an Maße, Winkel, Ebenheiten und Fluchten sind nach den Festlegungen der DIN 18202 getrennt voneinander zu prüfen. Dabei ist das Boxprinzip zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass ein Bauteil oder Bauwerk innerhalb des durch den äußeren und inneren Hüllkörper definierten Toleranzbereichs bleiben muss. Bauteil bzw. Bauwerk dürfen an keiner Stelle weder den äußeren noch den inneren Hüllkörper durchstoßen.

Für die Prüfung nach DIN 18202 wird der sich aus den Nennmaßen ergebende Messbezug kontrolliert, der sich aus den verschiedenen Messpunkten untereinander ergibt.

Die Lage von Punkten (z. B. Eckpunkte von Räumen oder Wandscheiben) wird durch den Vergleich einer ermittelten Entfernung zu einem Bezugspunkt und den vorgegebenen Nennmaßen als linearer Abstand dieser beiden Punkte geprüft.

Für die Beurteilung der Ist-Lage von Linien (z. B. Bauteilkanten) ist die Lage der Anfangs- und Endpunkte der Linie zu bestimmen. Die Lage von Linien wird mit dem geplanten Verlauf der Verbindung zwischen Anfangs- und Endpunkt kontrolliert.

Zur Prüfung der Lage von ebenen Flächen sind die Lagen der Eckpunkte, der lineare Verlauf der Verbindung dieser Eckpunkte und die Ebenheit an den Flächenrändern zu erfassen und mit den Sollwerten zu vergleichen.

Bau-Index-Festlegung-Messbezuege
Festlegung der Messbezüge, Verbindungslinie und ebene Fläche (Bildquelle: Ralf Schöwer)

Bei größeren Flächen, durch die Bauwerksachsen verlaufen, gelten die Anforderungen an die Lage der Eckpunkte zusätzlich für die Achsenschnittpunkte.

Dreidimensionale, d. h. räumliche Flächen (z. B. tonnenförmige oder schalenförmige Flächen), sind durch ein auf die Bauteilabmessungen und die Lage abzustimmendes Netz linearer Verbindungen prüfbar.

Sollen andere, von der Norm abweichende, Prüfungen im Zuge der Bauüberwachung erfolgen, so handelt es sich dann um Einzelfälle, die in Bezug auf Grenzwerte und Messverfahren vor der Bauausführung festzulegen und zu vereinbaren sind.

Messpunkte

Erforderliche Messpunkte müssen bereits vor der Bauausführung festgelegt werden. Für die Prüfung von Maßen, Winkeln, der Ebenheit von Oberflächen sowie der Flucht von Stützen sind Messpunkte i. d. R. an folgenden Stellen vorzusehen:

  • an Ecken oder Kanten von Bauteilen auf der Bauteiloberfläche im Abstand von ca. 10 cm vom seitlichen Rand
  • auf Achs- oder Rasterlinien bzw. an den Schnittpunkten von Achslinien oder Rasterlinien

Sollen Diagonalmaße bzw. Winkel geprüft werden, ist es zweckmäßig, die Messpunkte direkt an den Ecken von Bauteilen bzw. an den Schnittpunkten der Achsen anzulegen.

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Prüfung der Form nach DIN 18202

Die Prüfung der Form eines Bauteils/Bauwerks erfolgt durch Kontrolle der Maße (hier Unterscheidung in (Außen-)Maße, lichte Maße, Öffnungsmaße), Winkel und Ebenheit der Oberfläche. Je nach Art des zu prüfenden Werts sind unterschiedliche Anforderungen für die Anordnung der Messpunkte zu beachten.

Messpunkte für Maße

Für die Prüfung von Maßen (z. B. Außenmaße) werden Messpunkte in einem Abstand von ca. 10 cm von den Rändern von Kanten sowie in der Bauteilmitte auf der Bauteiloberfläche angeordnet.

Bei Bauwerksachsen werden ggf. auch Messpunkte in den Achsen und in der Mitte zwischen zwei nebeneinanderliegenden Achsen vorgesehen.

Für die Prüfung der Form eines Bauteils im Grundriss und Aufriss siehe folgende Abbildung:

Prüfung der Maße für die Form eines Bauteils im Grundriss und Aufriss (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 8) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Für die Prüfung der Form eines Bauteils im Aufriss bei einer vorhandenen Bauwerksachse siehe folgende Abbildung:

Bau-Index-Pruefung-Masse-Form1
Prüfung der Maße für die Form eines Bauteils im Aufriss bei einer Bauwerksachse (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 9) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für lichte Maße

Für die Prüfung von lichten Maßen werden Messpunkte an den Rändern in einem Abstand von ca. 10 cm von den Kanten sowie in der Raummitte angeordnet. Bei Räumen, die von Bauwerksachsen unterteilt werden, sind zusätzliche Messpunkte in den Achsen sowie in der Mitte zwischen zwei benachbarten Achsen anzuordnen. Siehe hierzu die folgenden Abbildungen:

Bau-Index-Pruefung-Lichte-Breite
Prüfung der lichten Breite eines Raums (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 10) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)
Prüfung der lichten Breite eines Raums (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 10) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für Öffnungsmaße

Für die Prüfung von Öffnungsmaßen werden an den Rändern in einem Abstand von ca. 10 cm von Kanten sowie in der Mitte der Öffnung Messpunkte angeordnet.

Bau-Index-Pruefung-Oeffnungsmasse
Prüfung der Öffnungsmaße (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 12) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für Winkel

Für die Prüfung von Winkeln werden die gleichen Messpunkte verwendet, die an Eckpunkten und/oder Schnittpunkten von Achsen für die Kontrolle von Maßen, lichten Maßen oder Öffnungsmaßen dienen (s. vorige Abschnitte).

Die Winkelabweichung der Kante eines Bauteils vom Sollwert wird durch den Vergleich der linearen Verbindung zwischen dem Anfangs- und Endpunkt der Kante und dem Nennwinkel zu einer Bezugslinie ermittelt. Die Messlinie muss bei nicht rechtwinkliger Form senkrecht zu einer Bezugslinie angeordnet werden.

Prüfung einer Winkelabweichung (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 13) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für die Ebenheit

Die Ebenheit einer Bauteiloberfläche wird geprüft, indem Einzelmessungen mithilfe einer Richtlatte durchgeführt werden. Es ist auch möglich, die Ebenheit durch Messung der Abstände zwischen einem rasterförmig angeordneten Netz aus Messpunkten und einer Bezugsebene zu prüfen.

Prüfung der Ebenheit durch Einzelmessungen mit einer Richtlatte

Bei der Prüfung durch Einzelmessungen wird eine Richtlatte (Messlatte) auf zwei Hochpunkte der Bauteiloberfläche aufgelegt. Anschließend wird das Stichmaß an der tiefsten Stelle ermittelt. Der Abstand beider Hochpunkte entspricht dem Messpunktabstand, der dem ermittelten Stichmaß zugeordnet ist.

Bau-Index-Pruefung-Ebenheit-Bauteilflaeche
Prüfung der Ebenheit einer Bauteiloberfläche (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 14) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Prüfung der Ebenheit durch Rastermessung (Flächennivellement)

Bei der Prüfung der Ebenheit durch ein Flächennivellement wird die Bauteiloberfläche durch ein Raster unterteilt. Hierzu sind Rasterlinien mit einem regelmäßigen Abstand anzuordnen (z. B. 10 cm, 50 cm, 1 m, 2 m usw.). Das Raster muss eingemessen werden. Auf den Schnittpunkten der Rasterlinien werden die Messungen (Höhenkoten) durchgeführt.

Die Auswertung der Messwerte erfolgt nach folgendem Schema (s. folgende Abb.):

  • Messwerte der Strecke 1 bis 3 an der Höhenkote Nr. 2
  • Messwerte der Strecke 2 bis 4 an der Höhenkote Nr. 3 usw.
Bau-Index-Ermittlung-Ebenheitsabweichung
Ermittlung der Ebenheitsabweichung durch eine Rastermessung Flächennivellement (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 15) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Prüfung der Lage nach DIN 18202

Für die Prüfung der Lage eines Bauteils/Bauwerks sind je nach Aufgabenstellung Messpunkte für Maße, Winkel und die Flucht von Stützen anzuordnen.

Messpunkte für Maße

Für die Prüfung von Maßen werden Messpunkte auf der Bauteiloberfläche in den Ecken im Abstand von ca. 10 cm von den Kanten und/oder Achsenschnittpunkten angeordnet.

Bau-Index-Pruefung-Lage-Bauteil-Grundriss
Prüfung der Maße für die Lage eines Bauteils im Grundriss (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 16) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)
Bau-Index-Pruefung-Masse-Hoehenlage
Prüfung der Maße für die Höhenlage einer Ebene eines Bauteils im Aufriss (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 17) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für Winkel

Für die Prüfung von Winkeln werden die gleichen Messpunkte verwendet, die auch für die Kontrolle der Maße herangezogen werden.

Die Winkelabweichung wird festgestellt, indem die lineare Verbindung zwischen Anfangs- und Endpunkt (Eckpunkte und/oder Achsenschnittpunkte) einer Bauteilkante oder Achse mit dem Nennwinkel zu einer Bezugslinie verglichen werden.

Die Messlinie ist bei nicht rechtwinkligen Räumen, nicht lotrechten Wänden oder Stützen senkrecht zu einer Bezugs­linie anzuordnen.

Prüfung der Winkelabweichung von der Nennlage (hier: im Grundriss bezogen auf eine Achse) (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 18) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Messpunkte für die Flucht von Stützen

Die Prüfung der Flucht von Stützen erfolgt mithilfe einer Verbindungslinie, die zwischen den Endstützen einer Stützenreihe angelegt wird. Die Verbindungslinie ist am Stützenfuß oder Stützenkopf in einer Höhe von ca. 10 cm über dem Boden bzw. unter der Decke anzuordnen. Für die Prüfung der Fluchtabweichung werden die Stichmaße zwischen der Verbindungslinie und der Vorderkante der Stütze, gemessen in Stützenmitte bzw. –achse, ermittelt. Bei Stützen, die über die Verbindungslinie vorstehen, ist eine um 10 cm versetzte Hilfslinie als Bezugslinie zu verwenden.

Das ermittelte Stichmaß wird einem Messpunktabstand, der sich aus zwei Achsabständen ergibt, zugeordnet.

Bau-Index-Pruefung-Fluchtabweichung
Prüfung der Fluchtabweichung (Lage von Stützen) von Stützen (in Anlehnung an DIN 18202, Bild 19) (Bildquelle: Prof. Peter Schmidt)

Vermessungstechnische Bezugssysteme

Maßabweichungen für Bauwerksmaße können über die Anlage eines vermessungstechnischen Bezugssystems geprüft bzw. dokumentiert werden. Für die Festlegung des Bezugssystems nach Lage und Höhe ist die Einrichtung eines absoluten Ausgangspunktes (Nullpunkt) im Grundriss und für die Höhe erforderlich. Dieser Punkt sollte außerhalb des Koordinatensystems des Gebäudes liegen, um Auswirkungen von vermessungstechnischen Abweichungen auf das Koordinatensystem des Gebäudes zu vermeiden. Die Lage ist so zu wählen, dass der Punkt auch nach der Fertigstellung des Gebäudes erhalten bleibt und gesichert werden kann. Durch die Festlegung eines zweiten Vermessungspunktes wird eine Orientierung innerhalb des Systems ermöglicht. Auch dieser Punkt sollte außerhalb des Gebäudes, zweckmäßigerweise auf einer durch den Ausgangspunkt verlaufenden Bezugslinie des Vermessungssystems, liegen.

Bau-Index-Vermessungstechnische-Bezugssysteme
Vermessungstechnische Bezugssysteme (in Anlehnung an DIN 18202, Bild A.1) (Bildquelle: Prof. Peter Schmdit)

Quelle: Forum Verlag Das Baustellenhandbuch Maßtoleranzen

Bildquelle: blende11.photo – stock.adobe.com

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