Erneuerbare Energien decken in den ersten drei Quartalen 48 Prozent des Stromverbrauchs

ZSW und BDEW legen aktuelle Berechnungen vor

In den ersten drei Quartalen des Jahres 2020 haben Erneuerbare
Energien mit knapp 48 Prozent fast die Hälfte des Bruttoinlandsstromverbrauchs
gedeckt. Das entspricht einem Anstieg um fünf Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das zeigen vorläufige Berechnungen des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Zu verdanken ist dieser Anstieg vor allem den für die Stromerzeugung
aus Erneuerbaren Energien günstigen Wetterverhältnissen der vergangenen
Monate. Insbesondere im ersten Quartal konnte deutlich mehr
Strom aus Wind erzeugt werden als im Vorjahr (Wind an Land: +7 Prozent,
Wind auf See: +10 Prozent). Ungewöhnlich viele Sonnenstunden
sorgten zudem für einen deutlichen Anstieg der Stromerzeugung aus
Solarenergie um 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Jedoch lässt sich die prozentuale Zunahme der Erneuerbaren Energien
am Stromverbrauch nicht allein auf eine stärkere Stromerzeugung
aus erneuerbaren Energiequellen zurückführen: Diese trägt etwa zur
Hälfte des Anstiegs der Erneuerbaren-Quote bei. Die andere Hälfte
des Anstiegs ist auf den gesunkenen Stromverbrauch zurückzuführen.
Dieser ging, vor allem coronabedingt, in den ersten drei Quartalen
2020 um knapp 5 Prozent zurück. Die Erneuerbaren-Quote wird als
Anteil am Stromverbrauch gemessen. Daher führt ein geringerer Verbrauch
allein schon zu einem Anstieg der Erneuerbaren-Quote.

„Die Zahlen machen deutlich: Bis zum Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren
2030 ist es noch ein weiter Weg“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende
der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Um dieses Ziel zu erreichen,
brauchen wir eine ambitionierte EEG-Novelle. Der aktuelle Entwurf
enthält bereits viele richtige Ansätze, aber an einigen Stellen
muss noch nachgeschärft werden. Das gilt zum Beispiel für die Themen
Eigenversorgung, ausgeförderte Anlagen und den Umgang mit einer
Stromeinspeisung bei negativen Börsenpreisen. Eine weitere Gefahr
für die Zielerreichung liegt in der Entwicklung des Bruttostromverbrauchs.
Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit einem kaum
veränderten Stromverbrauch im Jahr 2030. Das ist jedoch nicht realistisch,
wenn wir von bis dahin 10 Millionen Elektrofahrzeugen und einem
steigenden Strombedarf in Wärmemarkt und Industrie ausgehen.
Ins EEG gehört deshalb ein Mechanismus, mit dem zeitnah und flexibel
bei Zubaumengen und Ausschreibungsvolumina nachgesteuert
werden kann.“

„Dass der Ökostromanteil wächst, ist eine gute Nachricht“, betont Prof.
Dr. Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW, gibt
aber gleichzeitig zu bedenken: „Die Zahlen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen,
dass noch sehr viel Arbeit vor uns liegt. Der Ausbau der
Erneuerbaren Energien muss künftig mit weit größerer Dynamik als
bislang fortgesetzt werden, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit.
Dies ist nicht nur eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche
Umsetzung des aktuell in der Diskussion befindlichen ambitionierteren
EU-Klimaschutzziels von mindestens 55 Prozent Treibhausgas-
Emissionsreduktion bis 2030 gegenüber 1990. Auch die Nationale
Wasserstoffstrategie der Bundesregierung ebenso wie die europäische
Wasserstoffstrategie verlangen einen wesentlich schnelleren Ausbau
der erneuerbaren Stromerzeugung, der deutlich über die bislang verfolgten
Mengenziele hinausgehen muss. Deutschland sollte dafür jetzt
die erforderlichen Weichenstellungen vornehmen.“

Die Erzeugungszahlen im Einzelnen

In den ersten drei Quartalen 2020 lag die Bruttostromerzeugung bei
414 Milliarden Kilowattstunden (Mrd. kWh) – ein Rückgang von 7 Prozent
gegenüber dem Vorjahreszeitraum (Quartal 1-3 2019: 446,7 Mrd.
kWh). Insgesamt wurden gut 192 Mrd. kWh Strom aus Sonne, Wind
und anderen regenerativen Quellen erzeugt (Quartal 1-3 2019: 181,9
kWh). Davon stammten gut 76 Mrd. kWh aus Wind onshore, knapp 46
Mrd. kWh aus Photovoltaik, gut 37 Mrd. kWh aus Biomasse (einschließlich
biogenen Siedlungsabfällen), fast 19 Mrd. kWh aus Wind
offshore und gut 14 Mrd. kWh aus Wasserkraft. Aus fossilen Brennstoffen
und Kernenergie wurden knapp 222 Mrd. kWh erzeugt. Im Vorjahreszeitraum
waren es 264,9 Mrd. kWh.

Ökostromanteil: Zwei Berechnungsmöglichkeiten

Der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in den ersten
drei Quartalen 2020 beträgt knapp 48 Prozent. Den Ökostromanteil
am Bruttostromverbrauch zu bemessen, ist die gängige Berechnungsgrundlage.
Sie geht zurück auf europäische Vorgaben und steht im
Einklang mit den Zieldefinitionen der Bundesregierung zum Ausbau
der Erneuerbaren Energien. Der Bruttostromverbrauch bildet das gesamte
Stromsystem eines Landes ab.

Eine andere Möglichkeit ist, den Anteil der Erneuerbaren Energien an
der Bruttostromerzeugung zu messen. Sie umfasst die gesamte in
Deutschland erzeugte Strommenge, also auch die exportierten Strommengen.
Der Anteil erneuerbarer Energien in den ersten drei Quartalen
auf Basis der Bruttostromerzeugung beträgt gut 46 Prozent (Quartal
1-3 2019: 40,7 Prozent).

Weitere Informationen unter www.zsw-bw.de

Bildquelle: EnBW