Gepflegt abhängen: Mit der Grünfassade ein Biotop für Artenvielfalt schaffen

Stuttgart, 14.06.2023 Party in der Großstadt – der gelebte Traum vieler Nachtschwärmer. Wieso auch nicht? Städte bieten die Grundlage für pulsierendes und vielfältiges Leben – zumindest für uns Menschen. Die Tier- und Pflanzenwelt kann sich dort jedoch weit weniger ausleben. Graue Betonwüsten dominieren noch immer das Bild vieler Städte. Für Flora und Fauna bleibt leider nur wenig Platz. Die Artenvielfalt wieder in den Mittelpunkt rücken – das möchte am 17. und 18. Juni auch der „Tag der Artenvielfalt“ in Baden-Württemberg. Der Handlungsspielraum für nachhaltige Veränderung ist groß: Beispielsweise tragen Grünfassaden dazu bei, Tieren und Pflanzen wertvollen Lebensraum zu bieten. Wie eine bepflanzte Fassade sogar an der Nordseite eines Gebäudes funktioniert, das zeigt das auf Bau und Immobilien spezialisierte Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE.

Vor allem im Sommer macht es sich bemerkbar: Das wilde Summen der Insekten wird langsam stumm. In der Tat ist die fliegende Insektenmenge in Teilen Deutschlands binnen der letzten 30 Jahre um etwa 75 Prozent zurückgegangen. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kam 2017 der Entomologische Verein Krefeld in einer vielzitierten Studie, welche die Entwicklung an über 60 Naturschutzorten mitverfolgte. Was für Insektenstich-Allergiker:innen zunächst nach einer guten Nachricht klingt, hat gravierende Auswirkungen auf die Umwelt. Denn ob man die Insekten nun mag oder nicht: Mit ihnen verschwindet ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems: Sie bestäuben Pflanzen, sind Nahrungsgrundlage für andere Tiere, halten die Böden fit und reinigen Gewässer.

Grüne Fassade für mehr Artenvielfalt

Vor allem in Städten gibt es immer weniger Lebensraum für die Tiere. Das Problem wird durch den Klimawandel weiter verschärft, der den Lebenszyklus von Wildbienen oder Hummeln gehörig durcheinanderbringt. Steigt die Temperatur an, treiben Pflanzen früher aus – und sind verblüht, wenn die Wildbienen schlüpfen. „Städte sind komplexe Systeme und ein Anstieg der Durchschnittstemperatur von 1,5 Grad wird extreme Folgen haben“, erklärt Daniel Hof, Senior Teamleiter und Experte für Grünfassaden bei Drees & Sommer. „Das fängt mit dem Effekt der Wärmeinseln an, mit denen der Städtebau ja schon heute stark zu kämpfen hat. Durch die Art und Weise, wie unsere Städte gebaut sind, sprechen wir lokal nicht über einen Temperaturanstieg von 1,5 Grad, sondern von 10 bis 15 Grad.“
Abhilfe schaffen grüne Fassaden. Seit zunehmend Photovoltaikanlagen den Platz auf den Dächern beanspruchen, geraten sie als Zuflucht für Pflanzen und Tiere in den Blick. Außerdem sorgen sie für ein besseres Mikroklima, reinigen die Luft und bieten einen besseren Schallschutz. Wie das funktioniert, zeigt die Grünfassade des nach seiner Adresse benannten Büroneubaus Obere Waldplätze 12, kurz OWP12, bei Drees & Sommer in Stuttgart.

Alles andere als ein Mauerblümchen

Dort erstreckt sich die Grünfassade auf einer Fläche von mehr als 100 Quadratmetern über drei Geschosse mit einer Höhe von 12 Metern. Statt auf ein bodengebundenes, setzt Drees & Sommer auf ein wandgebundenes Vlies-Substrat-System aus zu über 95 Prozent mineralischen Stoffen. Vlies als Material ist wichtig, um im Hochhausbau den strengen Brandschutzanforderungen zu genügen. Die Firma Vertiko, die das Grünkonzept für die neue Büro-Fassade begleitet, hat das System vorab ausgiebig getestet und einen entsprechenden Großbrandversuch durchgeführt.
„Wir setzen bei der Grünfassade auf ein Spezialvlies aus einem Basalt-Glas-Gemisch, das nicht brennbar ist. Die Paneelen lassen sich außerdem gut vor fertige Fassaden setzen und sind vergleichsweise leicht“, erklärt OWP12-Projektleiter Thomas Berner von Drees & Sommer. Wegen ihrer positiven Wirkung auf Umwelt und Mikroklima setzen immer mehr Städte auf Förderprogramme, um die Fassadenbegrünung weiter auszubauen: Gemäß einer Erhebung des Bundesverbands GebäudeGrün e.V. stellen in Deutschland bereits 45 Städte über 50.000 Zuschüsse für Fassadenbegrünungen bereit. Künftig ist sogar zu erwarten, dass viele Kommunen die Fassadenbegrünung in Bebauungsplänen festschreiben. „Wir wollen mit unserem Neubau nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen, sondern auch mitwirken, die notwendigen Umsetzungsgrundlagen zu entwickeln. Dafür testen wir am eigenen Gebäude, was hierfür zentral ist“, so Berner.
Sind nicht nur Dächer, sondern auch Fassaden begrünt, wirkt sich das insbesondere in unseren Städten positiv auf das Klima der näheren Umgebung sowie die Artenvielfalt aus. Die Immobilie heizt sich weniger auf, Insekten siedeln sich an und die Pflanzenwände filtern Schadstoffe und dämmen Lärm.

Ein weiteres Plus: Das Grün schafft eine Wohlfühlatmosphäre.

Bildquelle (Header): Jürgen Pollack