Schwimmende Solarinseln

An den Traumstränden der Malediven wohnen und arbeiten? Für die Mitarbeiter von Swimsol gelebte Realität! Denn, um auch Küstentropen wie es die Malediven sind, nachhaltig und klimafreundlich mit Strom versorgen zu können, hat das Unternehmen Swimsol die schwimmende Hochleistungs-Solaranlage SolarSea entwickelt. Wir haben mit Geschäftsführer Martin Putschek über seine Idee und deren Umsetzung gesprochen.

Herr Putschek, wie kam es zur Idee für SolarSea?

Ich habe früher für eine deutsche Photovoltaikfirma gearbeitet, für welche ich die Auslandsmärkte betreute. Eine meiner Geschäftsreisen brachte mich 2009 auf die Malediven, wo es nicht nur eine sehr hohe Sonneinstrahlung gibt, sondern Dieselgeneratoren auch die primäre Quelle der Energieversorgung darstellen. Dieselenergie ist nicht nur umweltschädlich, laut und mit einem enormen logistischen Aufwand verbunden, sondern auch die teuerste Art der Stromerzeugung. Somit habe ich ein großes Potenzial für Photovoltaikanlagen gesehen, gleichzeitig aber feststellen müssen, dass der Platz an Land und auf Dächern für PV-Module auf den allermeisten Inseln nicht ausreicht, um einen nennenswerten Solarstromanteil zu ermöglichen. „Dann schmeißen wir das System eben ins Meer“, war mein nächster Gedanke und kurze Zeit später entstand tatsächlich eine Kooperation mit der Technischen Universität Wien, um ein entsprechendes System zu entwickeln.

Wie funktioniert die Plattform und wie ist sie konstruiert, um auf dem Wasser schwimmen zu können?

Unser SolarSea System wurde im Hinblick auf die Umweltgegebenheiten auf den Malediven entwickelt, kann adaptiert, aber natürlich auch anderswo eingesetzt werden. Die schwimmende Unterkonstruktion, auf welcher sich die Module befinden, ist offen und bietet Wellen und Wind eine niedrige Kontaktfläche, wodurch die Kräfte, welche auf die Plattform wirken, minimiert werden. Sie besteht im Wesentlichen aus meerestauglichen Aluminiumprofilen, Edelstahlknoten und Polystyrol-Schwimmkörpern. Eine Plattform hat eine Fläche von 200 m2 und ist 3 m hoch. Die Hälfte der Plattform ist unter der Wasseroberfläche und die andere darüber, wodurch die Module einen sicheren Abstand zur Wasseroberfläche haben, sodass sie von Wellen nicht beschädigt werden können.

Lassen wir Zahlen sprechen: Wie viele kWh produziert eine Plattform, wie viele Plattformen werden benötigt, um ein ganzes Atoll mit Strom zu versorgen?

Eine Plattform hat je nach eingesetzten Modulen eine Nennleistung von ca. 30 kWp und produziert damit pro Tag durchschnittlich 130 kWh auf den Malediven. Die Inseln sind alle recht weit voneinander entfernt, sodass jede Insel ihren Strom selbst herstellt, es gibt also kein Landes- oder Atoll-weites Stromnetz.  Damit eine Insel untertags komplett mit Solarstrom betrieben werden kann, werden in der Regel zwischen 30 und 150 Plattformen benötigt. Bei manchen größeren Inseln wäre es sogar noch deutlich mehr; die Haupstadtinsel Malé würde beispielsweise über 3.000 Plattformen benötigen, um die Dieselgeneratoren untertags komplett abschalten zu können. Pro Atoll gibt es ca. 50 bis 100 Hotel- oder Einheimischeninseln, somit haben wir einiges zu tun.

Aktuell wird in den Inselhotels meistens Diesel zur Erzeugung von Strom verwendet. Welche Einsparpotenziale ergeben sich sowohl monetär für die Hotels als auch für die Umwelt durch die Verwendung von SolarSea?

Ein durchschnittliches Inselhotel verbrennt zwei bis drei Millionen Liter Diesel im Jahr zur Stromerzeugung. Ein großes SolarSea System in Kombination mit einer Batterie erlaubt das Abschalten der Generatoren für durchschnittlich acht bis zehn Stunden pro Tag. Wenn die Hotels dann auch noch energieintensive Handlungen in die Mittagszeit legen können, sind Dieseleinsparungen von 50 % möglich. Wenn Energiespeichersysteme zukünftig günstiger und besser werden, kann diese Quote noch deutlich erhöht werden. Was die monetären Einsparungen angeht, ist das durch den stark schwankenden Dieselpreis schwer pauschal zu beziffern, aber wir bieten unseren Kunden ein Finanzierungsmodell an, welches garantiert, dass sie stets weniger für Solarstrom als für Dieselstrom zahlen.

Die Solarmodule sind extremen äußeren Einflüssen wie Salzablagerungen und Wellen ausgesetzt. Wie steht es um die Lebensdauer der Plattformen?

Die Plattform wurde so entwickelt, dass sich die Module ca. zwei Meter über der Wasseroberfläche befinden und niemals in Kontakt mit Meerwasser kommen. Allerdings ist natürlich die hohe Luftfeuchtigkeit ein Problem, weshalb wir Doppelglas-Module mit einem speziellen Einkapselungsmaterial verwenden. Auf die Module erhalten wir von den Herstellern eine Leistungsgarantie von 30 Jahren, explizit auch beim Gebrauch auf unseren schwimmenden Plattformen. Dies ist auch die zu erwartende Lebensdauer der gesamten Plattform. 

Schlussendlich muss der erzeugte Strom auch auf die Inseln gelangen. Wie funk-tioniert das?

Der Strom wird mittels armierter Unterwasserkabel von den Plattformen an Land geleitet. Dort befinden sich dann auch die Wechselrichter, welche den Gleichstrom in Wechselstrom umwandeln und in das Inselnetz einspeisen.  

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Martin Putschek ist Gründer und Geschäftsführer von Swimsol, einem jungen Photovoltaikunternehmen aus Wien, welches sich auf tropische Inseln spezialisiert hat. Der studierte Physiker und Betriebswirt hat bereits mit zahlreichen Startups aus unterschiedlichen Branchen zusammen-gearbeitet und vor der Gründung von Swimsol für einen deutschen Photovoltaikentwickler die Auslandsmärkte betreut.

Ein wirklich innovatives und zukunftsträchtiges Produkt, welches Sie entwickelt haben. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg damit, Herr Putschek.

www.swimsol.com

Alle Bilder: Swimsol GmbH 

Interview aus EnEV Baupraxis Ausgabe Juli/August 2020