Energetische Sanierung mit Beispielcharakter

Wertvolle Bausubstanz einzigartig erweitert

Viele bewohnte Gebäude in München Schwabing stehen unter Denkmalschutz. In einem dieser Altstadthäuser wurde in zwölf Monaten umfassend renoviert und modernisiert. Das hat sich gelohnt. Herausgekommen ist der beeindruckende Umbau eines denkmalgeschützten Mehrfamilienhauses. Das Juwel der Sanierung ist eine neu ausgebaute luxuriöse Dachgeschosswohnung über zwei volle Etagen. Mit ausdrucksvoller Architektur und spannenden Innenraumideen ist das Objekt jetzt optisch und energetisch auf dem neuesten Stand.

Wohnen im historischen Stadtgebiet ist beliebt. Gerade in München gibt es viele schöne und herrschaftliche Bestandsbauten, die eine gute Substanz und schöne Details aufweisen.

So auch hier: In einer der imposanten Schwabinger Straßen haben zwei innovative Architektenteams zusammen mit einem engagierten Bauunternehmer einerseits eine sensible Sanierung, andererseits einen modernen Dachgeschossausbau geschaffen.

Sanierung und Material auf die Bausubstanz abgestimmt

Das denkmalgeschützte Projekt besteht aus einem viergeschossigen Bau mit Unterkellerung und ausgebautem Dachgeschoss. Unausgebaut fristete der Dachspitz aber bislang ein Schattendasein. Das sollte sich 2013 ändern. Mit dem Vorteil einer zusätzlichen Nutzfläche von 63 m² haben die Planer um die Projektleiterin Anna Diehl vom Architekturbüro Johannes Schuh aus München für die Bauherren ein Domizil der Extraklasse geschaffen.

Von Mitte des Jahres 2013 bis Mai 2014 ließ sie zusammen mit dem Dachbau-Experten Johann Holzer, (Geschäftsführer der Dach-in-München Ausbau GmbH (DIM) & Holzer Wohnbau GmbH) das Dach und den Spitzboden komplett umgestalten und die gewonnene Fläche mit der darunterliegenden Wohneinheit im dritten Geschoss verbinden, sodass insgesamt 150 m² Wohnraum entstanden sind.

Grundriss Dachspitz (ohne Maßstab) (Bildquelle: www.architektur-schuh.de)

Im Vorfeld hatte die Wohnungseigentümergemeinschaft die technische Sanierung und Modernisierung des kompletten Bauwerks beschlossen. Dazu wurde zunächst die vorhandene Bausubstanz baukonstruktiv und -physikalisch begutachtet.

Im Rahmen der Genehmigungsplanung fand ein Besprechungstermin vor Ort mit den Verantwortlichen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege statt, die sich zusammen mit den Planern des Architekturbüros Schuh mit der Bauaufgabe auseinandersetzten.

Die geplanten Maßnahmen zum gewünschten Außenlift, dem Austausch der Gaubenfenster, zu neue Balkonen auf der Hofseite und zu möglichen Umbaumaßnahmen der Dachgeschossausbauten mit Loggia wurden auf Umsetzbarkeit und Denkmalschutz-Verträglichkeit detailliert geprüft. Schließlich wurde die Baugenehmigung erteilt.

Zur Ausführung des Allgemeineigentums wurde das Architektur- und Sachverständigenbüro Gloor & Gössel aus München beauftragt. Die Dachgeschoss-Ausbauten dagegen wurden von den Architekten Schuh betreut.

Vor Baubeginn mussten zunächst die Schnittstellen zwischen Allgemeineigentum und dem Dachgeschossausbau geklärt werden. „Da alle Parteien des Hauses in die Umbauten involviert waren, mussten wir mögliche Streitpunkte von vornherein mit den beteiligten Partnern intensiv durchsprechen“, berichtet Anna Diehl. „So konnten wir etwaigen späteren Kontroversen bereits ganz gut vorbeugen.“

Die beiden Architekturbüros schlugen zudem eine nahezu zeitgleiche Ausführung der Bauarbeiten vor, um Kosten für Kran und Gerüst für alle Beteiligten zu sparen.

„Wir mussten zunächst eine technische Bautür einsetzen, um die Staub- und Lärmbelästigung in den darunter liegenden Wohneinheiten zu minimieren“, berichtet Johann Holzer. Die Reduzierung der Staubbelastung auf der Baustelle gelang dadurch vorbildlich.

Entkernung Dachgeschoss (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)
Stahlträger unterstützen die Konstruktionen (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)

Ein Schallschutzgutachter wurde hinzugezogen, um den Schallschutz insbesondere gegenüber fremden Wohneinheiten zu gewährleisten. In der Wohnung selbst wurde vorübergehend ein Technikraum integriert. So ließen sich entstehende Geräuschbelästigungen erheblich minimieren.

Zunächst musste das Dachgeschoss komplett entkernt werden, um die Nutzung der Dachschrägen mit nachträglichem Aufbau einer großzügigen Dachloggia möglich zu machen.

Die Abbrucharbeiten umfassten folgende Arbeiten:

Die bestehende Dachhaut wurde bis auf die Konstruktionsebene mit Ausnahme der Verblechungen auf der Straßenseite entfernt. Der Fehlboden in Dachgeschoss- und Dachspitzebene wurde herausgenommen und die Decke über dem Treppenhaus wurde für die Herstellung des zweiten Rettungswegs geöffnet. Des Weiteren wurden sämtliche als Abbruch gekennzeichneten Maßnahmen vorgenommen: die Wohnungseingangstür, die Tür zum Speicherbereich, die Treppe zum Speicherareal und die Innenwände.

Schöne Vorzeichen waren anfangs nicht unbedingt gleich erkennbar. Der dunkle Dachboden und die altersbedingten Schäden, die hier zunächst zu finden waren, zeigten die Notwendigkeit einer umfassenden Sanierung auf, um die inneren Werte der Substanz wieder sichtbar zu machen.

Das historische Holztragwerk war insoweit angegriffen, dass die bestehenden Dachsparren nicht tragfähig waren, daher mussten sie statisch ertüchtigt werden. „Bei der Ertüchtigung von Holztragwerken möchte man ja möglichst viel Bausubstanz erhalten“, erklärt Johann Holzer. „Wir haben mit den Architekten durcheine detaillierte Begutachtung des geschädigten Tragwerks die Grundlage für eine optimale Maßnahmenplanung erarbeitet. Da macht man sich lieber einen Gedanken mehr, als einen zu wenig.“

Aus statischen Gründen wurde im Dach die Firstpfette verstärkt und die Stützen aus Brandschutzgründen mit Feuerschutzplatten aus Gipskarton beplankt.

Schnitt 1-1 (ohne Maßstab) (Bildquelle: www.architektur-schuh.de)

Zur energetischen Sanierung wurden zwischen den Sparren Mineralwolle als Zwischensparrendämmung (Isover Integra 035, 160 mm) eingebracht. Im Bereich zwischen First und Dachknick wurde zusätzlich auf die Bestandsschalung eine Aufsparrendämmung (Bauder PIR SDS, 100 mm) aufgebracht. Die Dämmstoffe sind diffusionsoffen, atmungsaktiv und daher baubiologisch sehr empfehlenswert.

Im Bereich des Steildachs war eine Aufdachdämmung aus Denkmalschutzgründen nicht möglich, da die historischen Verblechungen erhalten bleiben mussten. So wurde hier raumseitig innerhalb der Vorsatzschale mit Rockwool Thermarock 100 (60 mm) gedämmt.

Luftdichte Montage der Dachfenster (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)
Wohlfühloase mit Ausblick (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)

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Die neue Loggia (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)

In der Dachgeschossebene wurde durch einen zusätzlichen Dachausschnitt von ca. 3,20 m eine großzügige Loggia hergestellt, die nun ein besonderes Schmuckstück der Wohnung ist. Ein Flachdachaufbau mit Gefach- und Gefälledämmung ergänzt die eindrucksvolle Loge mit Blick über die Dächer Münchens.

Bei den bestehenden Decken handelte es sich um Holzbalkendecken mit einem Fehlboden. „Wir mussten die alten Holzbalken statisch ertüchtigen und den Fehlboden mit Dämmung bestücken. Darauf haben wir gemäß Schallschutzkonzept einen neuen Fußbodenaufbau erstellt und damit einen deutlich höheren Schallschutz erreichen können“, berichtet Anna Diehl.

Neue Innenwände in Trockenbauweise als doppelt beplankte Metallständerwände (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)
Neue Faltwerktreppe mit gewachsten Schwarzstahlwangen (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)

Es galt einerseits den erforderlichen Schallschutz einzuhalten und anderseits die Einschränkungen der statischen Gegebenheiten zu überwinden. So wurde schließlich mit den Fachplanern ein leichter und doch schalltechnisch äußerst wertvoller Fußbodenaufbau wie folgt erarbeitet:

Um Masse zu generieren, wurde zwischen die bestehenden Holzbalken eine schwere Dämmung (Rockwool Thermarock 100) eingebracht und darauf wurden weitere 80 mm Mineralfaserdämmung (Isover Classic 035) aufgelegt.

Auf die Holzbalken/statischen Ertüchtigungen wurden Sylomerstreifen aufgebracht, um den Oberboden so schalltechnisch zu entkoppeln. Darauf wurden Schwalbenschwanzplatten (Lewis) verlegt, in welche der Estrich direkt vergossen wurde.

Die vorhandenen nicht tragenden Innenwände wurden gemäß Planung größtenteils abgebrochen. Neue Innenwände wurden in Trockenbauweise als doppelt beplankte Metallständerwände (Knauf, W112) eingezogen. Die Stützen in der Dachgeschossebene erfüllen jetzt eine Feuerwiderstandsdauer von F90. Zwei sichtbare Stützen im Wohnraum wurden als HEB-160-Stahlstützen ausgeführt, mit einem Brandschutzanstrich F90 versehen und anschließend schwarz lackiert.

Eine neue Faltwerktreppe mit Tritt- und Setzstufen aus Eiche geölt und gewachsten Schwarzstahlwangen führt jetzt vom 87 m² großen Wohnraum in das Obergeschoss.

Die Wohnung im dritten Obergeschoss ist bereits im Jahr 2012 um- und ausgebaut worden. Aus Denkmalschutzgründen blieben die stuckverzierten Decken unangetastet. Auf der Oberseite der Decke wurden sämtliche Renovierungen bzw. ein kompletter Deckenaufbau vorgenommen – also innerhalb der Wohneinheit – jedoch oben ausgeführt. Auf die neu ausgeführte Decke wurde ein Vollholzparkett in Eiche (24 mm) verlegt, das der Wohnung nun einen warmen und harmonischen Charakter verleiht.

Deckenplatten mit integriertem Rohrsystem zur Heizung und Kühlung (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)
Die freigelegten Mauersteine und die antike Holzkonstruktion harmonieren perfekt mit den neuen Materialien. (Bildquelle: actcom.de Matthias Rosin)

Substanzerhalt als Grundsatz

Nachdem der Altputz von allen Wänden entfernt worden war, kam ein massiver – jedoch in Teilbereichen beschädigter – Ziegelstein zum Vorschein.

In Rücksprache zwischen Bauherren und Fachunternehmen wurden zuerst die beschädigten Ziegelsteine fachgerecht demontiert und durch alte Mauersteine wieder ersetzt. Nach dem Neuverfugen mit Fugenmörtel wurden diese imprägniert, sodass die Flächen den Staub nicht so gut anhaften lassen und eine Reinigung problemlos möglich ist. Die historischen Holzkonstruktionen wurden aufbereitet und konnten im Dachspitz teilweise sichtbar belassen werden.

Des Weiteren wurde ein bestehender Wandbereich im Bereich der Treppe mit den vorhandenen Ziegelsteinen komplett bis in die Firstebene neu aufgemauert.

Haustechnik komplett erneuert

Als Haustechniksystem für Heizung, Warmwasser und Kühlung wurde ein vom Gebäude unabhängiges energieeffizientes Luft-Wärmepumpensystem gewählt. Aufgrund der vorherrschenden beengten Platzverhältnisse, und im Hinblick auf den Denkmalschutz wurde die moderne Anlage speziell für die Anwendung in dieser Wohnung an- und eingepasst.

Im Gesamtsystem wird mit Kälte Wasser erhitzt: ein Kälte- sowie ein Heizungsspeicher und ein Hydraulikmodul wurden kombiniert. Dabei erfolgt die Warmwasserbereitung über einen Frischwasser-Wärmetauscher. Die innovative Technologie bewirkt ein angenehmes Wohnklima an warmen und an kalten Tagen.

Mit guter Planung lässt sich nun mehr Komfort und frische Luft erzielen: die neu installierte zentrale Komfort-Lüftungsanlage sorgt, abhängig von der jeweiligen Raumluftqualität, stets für angenehm frische Luft – und das bei einer hoch effizienten Wärmerückgewinnung. In den Bädern gibt es zusätzlich eine elektrische Fußbodenheizung unter den Zementfliesen.

Als Heiz- und Kühlflächen wurden oberflächengleiche Platten mit einem integrierten Rohrsystem in den Dach- und Deckenflächen verwendet, das in der Ebene der Gipsfaserplatten (Fermacell) liegt und so optisch nicht mehr wahrgenommen wird.

Hinzu kommt eine Sauna, die nebst Technik und Installationen in dem begrenzten Dachvolumen unterzubringen war.

Fazit

Die Umsetzung der Gebäudesanierung zeigt, dass mit langjährigem Expertenwissen und fachmännischer Detailarbeit die einzigartige Charakteristik der Bausubstanz in die Zukunft überführt werden konnte. In Bezug auf Ästhetik, Technik und Energiebedarf ist das Bauvorhaben vorbildlich gelungen und erfüllt alle Anforderungen der heutigen Zeit.

Projekt

Umbauter Raum

1.025 m³ BRI

Wohnfläche

150 m²

Dach

Mansarddach

Primärenergiebedarf

60,37 kWh/m²a

Heizwärmebedarf

11.697 kWh/a

Besonderheiten:

  • energieeffizientes Luft-Wärmepumpensystem,
  • integrierte Heiz-/Kühlplatten in Decke/Dachschräge
  • Brandmeldeanlage
  • maximierter Schallschutz der Altbaudecken
  • Architektur-Synthese aus historischen Holztragwerken und aufbereiteten Sichtmauerwerken und modernen Einbauten in Schwarzstahl, Eiche und Glas

Planungsbeteiligte

Objekt

Altbau-Sanierung über zwei Etagen

Architekt

Architekturbüro Johannes Schuh
www.architektur-schuh.de

Dachausbau

Holzer Wohnbau bzw. Dach in München Ausbau GmbH

www.dach-in-muenchen.de

Elektro

Lichtservice Eichmeier GmbH

Treppen und Stahlgeländer

diefusion

Bodenbeläge

Pascal van de Rijdt

Malerarbeiten

Haidacher Farbe & Technik

Schallschutzvorgaben und Prüfung

Müller BBM

Fassade/Lift/TH/Aussenanlagen

Gloor & Gössel Architekten

Die Autorin

Eva Mittner, freie Journalistin

ist Autorin und lebt in München. Nach Festanstellungen als Redakteurin und Pressesprecherin schreibt sie freiberuflich für verschiedene Architekturmedien. Sie hat sich zudem auf Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für Architekten und Ingenieure spezialisiert.

Kontakt unter:

Eva.Mittner@gmx.de

www.architektur-journalismus.com

Quelle: Forum Verlag EnEV Baupraxis Ausgabe März/April 2015

Bildquelle Header: actcom.de Matthias Rosin

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