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Was sind natürliche Dämmstoffe? – Vor- und Nachteile

Eine nachhaltige Möglichkeit Energie zu sparen, ist die Verwendung von natürlichen Dämmstoffen – und das in zweierlei Hinsicht: Sowohl durch die Vermeidung von Produktionskosten im Vergleich zu industriell hergestellten Dämmstoffen, als auch durch die kontinuierliche Energiekosten-Einsparung bei fachgemäßer Dämmung sind natürliche Dämmstoffe auch finanziell äußerst interessant. Ganz davon abgesehen, dass damit ein aktiver Beitrag zur Verlangsamung des Klimawandels geleistet wird. Aufgrund der mittlerweile zahllosen natürlichen Dammstoffe, deren Variationen und Kombinationen, ist es für Architekten oft nicht einfach, den für ihr Bauprojekt passenden Dämmstoff auszuwählen. Welche natürliche Dämmstoffe gibt es? Was sind die Vor- und nachteile? Wie verhalten sie sich im Vergleich untereinander und gegenüber herkömmlichen Dämmstoffen?

Inhaltsverzeichnis

Welche natürlichen Dämmstoffe gibt es?

Durch die Formulierung der europaweiten Klimaschutzziele in den letzten Jahren wurden natürliche Dämmstoffe im Bausektor immer populärer. Jedoch werden seit über 50 Jahren immer noch überwiegend mineralische Faserdämmstoffe oder Hartschäume verwendet. Aufgrund deren z. T. sehr hohem Gefährdungspotenzial (Asbest, Entflammbarkeit ölbasierter Hartschäume etc.) wurde bereits zu Beginn des 21. Jahrhunderts versucht auf Rohstoffe aus der Land- und Forstwirtschaft zurückzugreifen. Dennoch ist Mineralwolle mit ca. 50 Prozent Marktanteil mengenmäßig immer noch der wichtigste Dämmstoff. An zweiter Stelle stehen ölbasierte Hartschäume mit rund 30 Prozent.

Das Problem mit natürlichen Dämmstoffen ist aber, dass viele der „neuen“ Dämmstoffe nicht normgerecht waren, da sie schlicht in den Normen und Richtlinien bislang nicht behandelt wurden. Hinzukommt, dass bei der Verwendung nachwachsender Rohstoff meist eine zusätzliche Bauteilprüfung durchgeführt werden muss, um die Statik und den Feuerwiderstand zu bestimmen.

Um die Verwendung ökologischer Rohstoffe weiter voranzubringen, versuchte der Bund mit dem Forschungsprojekt „Mehr als nur Dämmung – Zusatznutzen von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen“ die bislang fehlenden technischen Grundlagen zur Anwendung von natürlichen Dämmstoffen zu schaffen. Ein Ergebnis dieser Studie war bislang, dass natürlich Dämmstoffe eine bestimmte Anzahl an „sicheren“ Eigenschaften haben, die kalkulierbar und dauerhaft verfügbar sind.

Wie bereits erwähnt, existieren derzeit eine Vielzahl an natürlichen Dämmstoffe auf dem Markt. Jeder von ihnen hat bestimmte Stoffeigenschaften, Vor- und Nachteile. In ihrer Produktform jedoch werden natürliche Dämmstoffe stets in die folgenden Produktgruppen unterteilt:

1. Organisch-Natürliche Dämmstoffe (z. B. Holz, Hanf, Schafwolle, Zellulose)

2. Organisch-synthetische Dämmstoffe (z. B. Polyester, Polystyrol)

3. Anorganisch-natürliche Dämmstoffe (z. B. Blähton, Perlite)

4. Anorganisch-synthetische Dämmstoffe (z.B. Mineralwolle, Schaumglas)

In der Praxis werden oft unterschiedliche Dämmstofftypen miteinander kombiniert. Das hängt nicht zuletzt davon ab, dass unterschiedliche Bauweisen unterschiedliche Anforderungen an die verwendeten Dämmstoffe stellen. Grundsätzlich gibt es vier Anwendungsmöglichkeiten für natürliche und synthetische Dämmstoffe:

• Druckfeste Platten

• Flexible Matten

• Lose Einblasdämmung

• Stopfdämmung

Anwendungsbereiche natürlicher Dämmstoffe

Bis auf einige Ausnahmen sind natürliche Dämmstoffe nach DIN 4108 Teil 10 („Wärmeschutz und Energieeinsparung in Gebäuden – Anwendungsbezogene Anforderungen an Wärmedämmstoffe) anzuwenden. Zu den Anwendungsgebieten, bei denen weitere Eigenschaften der nachwachsenden Rohstoffe geprüft werden müssen, gehören laut DIN 4108:

  • Perimeterdämmung (PW und PB)
  • Kerndämmung von zweischaligen Wänden (WZ)
  • Außendämmung des Dachs – Witterung ausgesetzt (DUK)

Die Prüfwerte, die bei der Beurteilung unterschiedlicher natürlicher Dämmstoffe untersucht werden, sind:

• Feuchtespeicherfähigkeit
• Brandschutz

Weitere Prüfkriterien betreffen Brandschutz, Wärmeschutz und Feuchteschutz, Nachhaltigkeit und Emissionswerte.

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Feuchtespeicherfähigkeit

Alle natürlichen Dämmstoffe weisen von Natur aus eine hohe Feuchtespeicherfähigkeit auf. Insbesondere bei Holzkonstruktionen führt dies zu statischen Vorteilen, indem die Konstruktion dadurch robuster wird. Durch Sorption kann dabei eine relativ große Feuchtigkeitsmenge aufgenommen werden, ohne dass die Materialfeuchte selbst stark erhöht wird.

Anders ist das bei mineralischen Faserdämmstoffen oder erdölbasierten Hartschäumen: Dort kann quasi keinerlei Feuchtigkeit gespeichert werden, was bereits bei einer geringfügigen Wassermenge zu freiem Wasser innerhalb der Konstruktion führen kann. Die Folge ist meist Schimmelpilzwachstum oder (Holz-)schwammbildung.

Brandverhalten

Im Gegensatz zu mineralischen Faserdämmstoffen sind alle natürlichen Dämmstoffe brennbar. Sie brennen verhältnismäßig langsam und mit geringer Rauchentwicklung. Sie sind mit der Baustoffklasse B2 als normal entflammbar klassifiziert.

Wärmeschutz

In den letzten Jahren verschoben sich klimabedingt die Wärmeanforderungen an natürliche Dämmstoffe. Lag zuvor der Fokus noch vermehrt auf der unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit bestimmter natürlicher Rohstoffe spielt nun der Hitzeschutz die übergeordnete Rolle. Nichtsdestotrotz bleibt nach wie vor eine der großen Stärken nachhaltiger Dämmstoffe deren Wärmespeicherkapazität und das damit konstant bleibende Raumklima innerhalb von Gebäuden.

Der Feuchteschutz...

stellt eine der größten Herausforderungen für natürliche Dämmstoffe dar. Im Gegensatz zu Beton, sind organische Baumaterialien wie beispielsweise Holz viel feuchteanfälliger. Kommt es zu Elementar-, Oberflächen- oder Wasserschäden reagieren viele der nachhaltigen Baustoffe äußerst sensibel.

Natürliche Dämmstoffe und Wasserschäden

Folgen eines Wasserschadens bei natürlichen Dämmstoffen können neben dem Schimmelpilzbefall auch sein:
• Quellen von harten Dämmstoffen
• Rissbildung durch das hohe Gewicht nasser Dämmstoffe
• Hohlraumbildung
• Wärmebrücken (höhere Wärmeleitfähigkeit)
• Geringerer Wärmedurchlasswiderstand.

der bauschaden

Beurteilen, Sanieren, Vermeiden

Wasserdampfdiffusionswiderstand

Bei Dämmstoffen gleich welcher Art gibt der Wasserdampfdiffusionswiderstand an, in welchem Maß Feuchtigkeit durch den Stoff gelangt. Holz hat beispielsweise einen µ-Wert von 40, was bedeutet, dass es 40-Mal dichter als Luft ist. Holzfaserdämmplatten hingegen haben nur einen Diffusionswiderstand von 5 µ, Mineralwolle und Zellulose um die 1 µ.

Holz als natürlicher Dämmstoff – die erste Wahl?

Holz ist grundsätzlich einer der nachhaltigsten Bau- und Dämmstoffe. Die zur Dämmung verwendeten Holzfasern stammen meist von Nadelbäumen, um genau zu sein, aus deren Holzresten aus Sägewerken. Um bei der Herstellung von Holzfaserdämmstoffen ressourcenschonende Lieferketten zu bewerkstelligen, sollten die Fasern, wenn möglich, aus heimischen Nadelwäldern stammen. Als Matten oder in Plattenform werden die Holzfasern kompakt gepresst sowohl in der Innen- wie auch der Außendämmung eingesetzt – eine bislang eher weniger genutzte Anwendungsform sind die Holzfasern als Einblasdämmung.

Wichtig: Holzfaser-Dämmstoffe sind nicht mit Holzwolle-Produkten zu verwechseln, die mit mineralischen Bindemitteln wie Zement oder Magnesit versetzt sind.

Einen klaren Vorteil gegenüber anderen Dämmstoffen ist die mit etwa 0,04 bis 0,05 W/(mK) relativ niedrige Wärmleitfähigkeit, bei gleichzeitig hohem Schallschutz. Auch in puncto Brandschutz stehen Holzdämmungen gut da. Denn aufgrund des in Folge eines Brandes eintretenden Verkohlungseffekts weisen Bauteile aus Holz eine langsame Brandzeit auf. Zusätzlich ist Holz trotz des hohen µ-Wertes diffusionsoffen und atmungsaktiv.

Laut der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. hat Holz unter den natürlichen Dämmstoffen einen Marktanteil von derzeit knapp 30 Prozent. Getoppt wird das nur von Zellulose, mit etwas über 35 Prozent.

Zellulose als natürlicher Dämmstoff

Meist kommt Zellulosedämmung nur als Innendämmung zum Einsatz. Die Kombination mit Holz hat sich bereits über viele Jahre hin bewährt. © Ingo Bartussek – stock.adobe.com

Zellulosedämmung entsteht hauptsächlich durch das Recycling von Altpapier. Dabei werden beispielsweise alte Zeitungen zerkleinert und in sog. Fasermühlen zu Zelluloseflocken zermalmt. Das so entstandene Produkt wird entweder als Einblasdämmung oder in Form von Dämmmatten verwendet – wobei hier die Flocken unter Wasserdampf und der Beigabe ausgewählter Zusatzstoffe gepresst werden.

Neben der Wärmeleitfähigkeit von max. 0,04 W/(mK) ist Zellulose eine wesentlich günstigere Alternative zu Holz, Hanf, Jute, Flachs, Stroh, Wiesen- und Seegras, Kork und Schilf mit etwa 10 Euro pro Quadratmeter. Zwar erreicht Zellulose durch den Zusatz von Borsalzen oder Ammoniumphosphat die Baustoffklasse B2, jedoch darf sie unter keinen Umständen Nässe ausgesetzt werden. Denn obwohl die beigemischten Zusatzstoffe neben dem Brandschutz auch den Effekt haben, die Schimmelpilzbildung zu verhindern, kann die von Zellulose aufgenommene Feuchtigkeit nur in geringem Maße wieder abgeben werden. Das führt bei einem Wasserschaden in der Folge dazu, dass angrenzende Bauteile in Mitleidenschaft gezogen werden und teure Sanierungsmaßnahmen anfallen.

Fazit: Natürliche und nachhaltige Dämmstoffe der Zukunft

Bei der Auswahl des passenden Dämmstoffs sollte stets auf dessen Wärmeleitfähigkeit, Wärmespeicherfähigkeit, Diffusionswiderstand sowie Brand- und Hitzeschutz geachtet werden. 

Planer und Architekten wählen natürliche Dämmstoffe oft aufgrund eines Kosten-Nutzen-Faktors aus. Das ist nicht zuletzt eine Ursache, warum Zellulose häufig verwendet wird: verhältnismäßig gute Stoffeigenschaften, bei guter Ökobilanz und niedrigen Produktions- und Anwendungskosten. Dennoch gibt es bei der Verwendung von behandelten Zellulosedämmstoffen ein bislang ungelöstes Problem: Die behandelten Zelluloseflocken oder –platten sind nicht mehr kompostierbar und müssen ggf. teuer entsorgt werden.

Holz, bzw. Holzfasern haben dieses Problem nicht, sind aber gegenüber der Zellulose mit rund 20 Euro pro Quadratmeter nahezu doppelt so teuer. Auch die Ökobilanz ist deutlich schlechter, da bei der Herstellung von Pressplatten viel Energie aufgewendet wird.

Deswegen geht die Bauforschung vermehrt in die Richtung, natürliche Dämmstoffe miteinander zu kombinieren, um die Schwachstellen des einen mit den Stärken des anderen wett zu machen. 

Aufgrund der stetig wachsenden Nachfrage nach neuen und noch nachhaltigeren und ökologisch-abbaubaren Dämmstoffen mit niedriger Ökobilanz wird sich hier in den nächsten Jahren einiges tun.

Quellen: „GEG Baupraxis“, „der bauschaden“, www.fnr.dewww.haus.de

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