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Gebäudeintegrierte Photovoltaik als X-Faktor der Klimaanpassung

Unter dem Begriff „Building Integrated Photovoltaics“ (BIPV) oder „gebäudeintegrierte Photovoltaik“ (GIPV) werden alle Solaranlagen verstanden, die Teil der Gebäudehülle und somit auch ein eigenständiges Bauelement sind. Anders als bei aufgeständerten Dachanlagen eröffnet diese Art der Umsetzung vielerlei zusätzliche Anbringungsmöglichkeiten. Inwiefern integrierte PV-Anlagen wirtschaftlich rentabel sind oder nicht, hängt oft vom Standort und den verwendeten Materialien ab. Wir haben für Sie einige der wichtigsten Eckdaten für eine erfolgreiche Umsetzung gebäudeintegrierter Photovoltaik zusammengestellt.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeine Fragen an die gebäudeintegrierte Photovoltaik

• Welche Anwendung ist geplant? (Lastanalyse)

• Welcher energetische Gebäudestandard ist beabsichtigt?

• Wie sieht die Ausrichtung, Neigung und Verschattungssituation aus?

• Ist die geplante gebäudeintegrierte PV-Anlage wirtschaftlich rentabel?

Daneben spielen Standsicherheit, Dauerhaftigkeit, Materialverträglichkeit, aber auch Wärme-, Feuchte- und Sonnenschutz eine wichtige Rolle.
 
→ Bei der Kombination aus Gebäudehülle und Photovoltaik, Bauwesen und Elektrotechnik, greifen zusätzlich die Bauprodukteverordnung sowie die Niederspannungsrichtlinie. 

Erreichen der primärenergetischen Zielwerte

Nicht jedes Gebäudedach eignet sich für eine herkömmliche PV-Anlage. Vor allem aber bei mehrstöckigen Gebäuden ist dieser Platz, im Verhältnis zur Nutzfläche betrachtet, zu gering, um anhand von herkömmlichen Dachanlagen bestimmte Schwellenwerte für Energieeffizienzklassen nach GEG zu überschreiten. 

Neben regenerativer Haustechnik, wie Wärmerückgewinnungsanlagen, Regenwassernutzung oder auch nachhaltigen Dämmstoffen, die gezielt gegen die Entstehung von Wärmebrücken beitragen, kann hier die gebäudeintegrierte PV Abhilfe schaffen – z. B. für das Erreichen der Effizienzgebäude 40 EE-Klasse.

Dabei sind die Anwendungsmöglichkeiten, wie eingangs erwähnt, vielseitig und können individuell an das eigene Bauprojekt angepasst werden.

GEG Baupraxis

GEG Baupraxis vermittelt Fachwissen zur Planung und Umsetzung energieeffizienter Baumaßnahmen.

Integrierte Photovoltaik-Fassade

Ob innenliegende Photovoltaikanlage, Solardachziegel, In-Dach-Systeme oder solarfähige Fassadenelemente, BIPV-Module sind baurechtlich gesehen sowohl ein Bau- als auch Elektroprodukt. Dabei gibt es mittlerweile weit mehr Möglichkeiten als die Standard-Module aus kristallinem Silizium, die unschwer an ihrer blau-schwarzen Oberfläche zu erkennen sind. 

Fun fact: Auch diese „herkömmlichen“ Wafer sind in ihrer natürlichen Farbe grau – erst später wird eine antireflektierende Oberflächenfolie darüber gezogen, die ihnen deren charakteristische Farbe verleiht. 

Durch unterschiedliche Dichte der Antireflexionsschicht lassen sich verschiedene Farben für PV-Module erreichen: von Rot, Grün, Gelb über Violett bis Grau ist alles möglich. Jedoch beeinflusst die Stärke der Antireflexionsschicht auch deren Leistungsfähigkeit. D. h. je dicker sie ist, desto mehr Sonnenstrahlen werden reflektiert – was im Umkehrschluss zu Ertragseinbußen der gebäudeintegrierten Photovoltaikanlage führt (reduzierter Modulwirkungsgrad).

Alternative Halbleiter, Dünnschichttechnologie und Solarzellen mit Folien...

…all das kann durch organische Solarzellen (aus Kohlenwasserstoffen in Form von kleinen Molekülen oder Polymeren, auch OPV-Technologie) erreicht werden, die sich aufgrund ihrer Beschaffenheit auch sehr gut für Fassaden und nicht horizontale Flächen eignen. Meist in Form einer dünnen Folie kann diese auf nahezu jede Oberfläche aufgebracht werden. Das hat vor allem dann einen große Mehrwehrt, wenn die Statik eines Bauwerks sensibel ist und nicht unnötig zusätzlich belastet werden sollte.

Aber was ist mit der Transparenz? Auch hier sind alle Abstufungen im Vergleich zu herkömmlichen Dünnschichtmodulen umsetzbar. D. h., dass bei Fenstern, großen Glasflächen oder Glasdächern die integrierte Photovolatik kaum mehr zu erkennen ist. 

Einziges Manko – die Leistung

Nun zum Knackpunkt bei der Anwendung von organischen Solarzellen: der Rentabilität. Zwar sind organische Zellen in ihrer Herstellung weit energieärmer als nicht-organische Photovoltaikanlagen. Jedoch haben sie mit einem Wirkungsgrad von 10–15 Prozent nur einen Bruchteil der Leistung herkömmlicher PV-Anlagen (durchschnittlicher Wirkungsgrad von 65–75 Prozent).

Auch Teilverschattungen sind bei der Fassadengestaltung ein häufig auftretendes Problem. Um dem bei gebäudeintegrierter Photovoltaik entgegenzusteuern, können einzelne PV-Module durch Modulwechselrichter oder DC/DC Konverter ausgestattet werden. Das verhindert den sog. „Gartenschlaueffekt“, bei dem es zu einem Elektronenstau in hintereinander geschalteten Modulen und im schlimmsten Fall zum Brand kommen kann.

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Überkopf-Verglasung und integrierte Photovoltaik

Um die Gefahr durch herabfallenden Glasbruch zu vermeiden, gelten bei der Gestaltung von Überkopf-Verglasungen bestimmte Normen und Vorschriften (insbesondere die Normenreihe DIN 18008). Zusätzlich müssen alle Konstruktionen, die von den derzeit geltenden technischen Regeln abweichen, gesondert geprüft und verifiziert werden (Stichwort: Standard-Testbedingungen, STC).

Bei integrierter Photovoltaiktechnik und Glaskonstruktionen wird sich der Umstand zu Nutze gemacht, dass Verbund-Sicherheitsglas eine Folie als Verbundmittel besitzt. So werden solaraktive-Folien an deren Stelle eingesetzt – was aber eine zusätzliche Sicherheitsprüfung nach sich zieht, da in diesem Falle die Herstellergarantie des VDS-Glases nicht mehr greift.

Allgemeine Normen und Vorschriften für in Glaskonstruktionen integrierte Photovoltaik

Nach deutschem Baurecht sind bei der Verwendung von VDS und PV folgende Technische Regeln zu beachten:

• Verwendung von linienförmig gelagerten Verglasungen (TRLV)

• Bemessung und Ausführung punktförmig gelagerter Verglasungen (TRPV)

• Absturzsichernde Verglasungen (TRAV)

→ Bei geklebten Verbundsystemen greifen auch die ETAG 002-1/2, obwohl die gebäudeintegrierte Photovoltaik kein fixer Bestandteil davon ist.

Fazit: Die Stärken integrierter PV

Laut Studien der TU Darmstadt liegt der Anteil aller PV-Fassaden an der gesamten installierten PV-Leistung in Deutschland noch bei unter einem Prozent. Gebäudeflächen bieten demnach eine noch größtenteils ungenutzte Möglichkeit, um für klimagerechtes Bauen, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zu sorgen. 

Zusätzlich sorgen vor allem fassadenintegrierte Solarzellen für eine zusätzliche Facette des klimaangepassten Bauens, denn sie sorgen auch für Wärmedämmung und reduzieren gleichzeitig potenzielle Wärmebrücken. Auch kann durch sie gezielt die ansonsten ertragsarme Winterzeit genutzt werden, in der die vertikalen Fassadenmodule im Gegensatz zu herkömmlichen Dachanlagen nicht groß an Leistung einbüßen.

Ganz klar für eine integrierte Photovoltaikanlage sprechen demnach die zusätzlichen energetischen Eigenschaften einer solchen Gebäudehülle. Auch preislich kommt das Ganze günstiger als beispielsweise eine Natursteinverkleidung.

Bildquelle-Header: © barbara buderath – stock.adobe.com