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Klimaregulierende Pflasterflächen: Funktionsweise und Möglichkeiten

Ob Rom, Berlin oder Paris: Der hohe Versiegelungsgrad erstickt die Städte regelrecht. Sie kämpfen gegen Hitzestau, schlechte Luft und schmutziges Wasser. Wie klimaregulierende Pflasterflächen Abhilfe schaffen können, lesen Sie hier.

Inhaltsverzeichnis

Hitze und Wassermangel durch Flächenversiegelung

Wenn im Sommer die Temperaturen auf 30 °C und mehr steigen, leiden urbane Ballungsräume besonders unter der Hitze. Ein hoher Versieglungsgrad, wenig Verdunstungskälte und fehlende Luftzirkulation sorgen dafür, dass die Hitze sich in den Städten staut. Die Folge: Der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Land beträgt bis zu 10 °C. Dieser Wärmeinseleffekt hat verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen in Städten.

Bei Tag erhitzt sich die Stadt mehr als das Umland. Aufgrund der gespeicherten Wärme, der geringen Luftfeuchtigkeit und der fehlenden Luftzirkulation kann sie nachts nicht mehr abkühlen.
Foto: stock.adobe.com/valentinakru

Hoher Versiegelungsgrad

Ein hoher Versiegelungsgrad wirkt sich auf drei Arten negativ auf das Stadtklima aus.

      1. Schnelles Erhitzen: Beschattung und Vegetation verhindern auf dem Land, dass sich der natürliche Boden stark aufheizt. Nachts kühlt die Luft dann schneller ab.
      2. Wärmespeichereffekt: Baustoffe wie Asphalt und Beton heizen sich tagsüber stark auf und speichern die Energie lange. Nachts wird die Wärme nur langsam wieder abgegeben, es bleibt warm.
      3. Geringe Verdunstung: Anfallende Niederschläge werden direkt in die Kanalisation geleitet, statt lokal von Vegetation und Boden gespeichert zu werden. Die Restfeuchte verdunstet schnell und hat so keinen positiven, regulierenden Effekt auf das Lokalklima.

Die negativen Auswirkungen eines hohen Versiegelungsgrades sind offensichtlich. Für Verkehr, Infrastruktur und Bebauung ist Flächenversiegelung jedoch häufig unvermeidlich.

Fehlende Luftzirkulation

Ähnlich gravierend wie die Flächenversiegelung wirkt sich auch die fehlende Luftzirkulation durch die dichte Bebauung aus. Kühle Luft aus dem Umland oder größeren Freiflächen wie Parks kann nur eingeschränkt in die Städte einströmen und warme Luft kann sie nicht mehr verlassen. In der Folge bleibt es in Ballungsräumen auch nachts warm, wenn das Umland abkühlt. Zudem erhöhen sich ohne die dringend notwendige Luftzirkulation Schadstoff- und Feinstaubkonzentration stark.

Stadtgrün oder klimaregulierende Pflasterflächen?

Wenn ein hoher Versiegelungsgrad und die dichte Bebauung in Städten die maßgeblichen Probleme sind, ist es naheliegend als Lösung auf Flächenentsiegelung und Begrünung zu setzen. Pflanzen speichern wenig Wärme, spenden Schatten und tragen durch die Verdunstungskälte zur Regulierung des Stadtklimas bei. Außerdem binden sie Kohlendioxid und Schadstoffe wie Ozon, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Feinstaub.

Ganz so einfach ist es jedoch nicht: Auch Pflanzen leiden unter den lebensfeindlichen Bedingungen in urbanen Ballungsräumen. Straßenbäume z.B. müssen besonders klimaresistent sein und mit hohen Schadstoffkonzentrationen zurechtkommen. Von Gebäudegrün profitieren Städte vor allem in den Sommermonaten, während die Pflanzen im Winter eine Vegetationsruhe einlegen. Der benötigte Platz für Grünflächen und Parkanlagen ist in Großstädten oft nicht vorhanden oder stark umstritten.

Daher dürfen Planerinnen und Planer nicht ausschließlich auf eine Maßnahme wie z.B. Stadtgrün setzen, um den Wärmeinseleffekt abzumildern, sondern müssen vielfältige Lösungen in Erwägung ziehen. Eine Alternative zu Grünflächen können z.B. klimaregulierende Pflasterflächen sein.

Klimaregulierende Pflasterflächen: Wie funktioniert das?

Eine praktische, jedoch nicht ganz unumstrittene Alternative sind versickerungsfähige Pflasterflächen.

Traditionell finden hier vor allem haufwerksporige Pflastersteine oder breite Fugen Anwendung. In beiden Varianten galt eine möglichst hohe Versickerungsleistung als Qualitätsmerkmal. Bei haufwerksporigen Steinen führte das dazu, dass immer grobporiger Steine produziert wurden, die allerdings den Belastungen durch z.B. den Verkehr nicht standhalten konnten und dadurch in Verruf gerieten.

Selbst unscheinbare Pflasterflächen können zur Regulierung des lokalen Mikroklimas beitragen.
Foto: stock.adobe.com/Francesco Scatena

Auch Pflasterflächen mit breiten Fugen haben einen Nachteil. Die Fugen werden häufig mit Splitt gefüllt. Feine Partikel gelangen dadurch bei Regen in die Bettung oder Tragschicht und dichten das System ab. In der Folge sinkt die Versickerungsleistung im Lauf der Jahre drastisch.

Inzwischen gibt es jedoch versickerungsfähige Pflasterflächen, die bei richtiger Planung und Ausführung über Jahre hinweg eine hohe Versickerungsleistung haben und zudem für Verkehrsflächen geeignet sind.

Haufwerksporige Pflastersteine

Pflastersteine aus haufwerksporigem Beton nehmen Wasser über ihre Oberfläche auf und leiten es durch ihre Poren in den Oberbau. Von dort fließt es in die Tragschicht und wird versickert. Dabei verbleibt aufgrund des Kapillareffekts ein dünner Wasserfilm in der Steinmatrix. Dieses Wasser in den Poren verdunstet langsam, wodurch die Pflasterfläche sich nach einem Regen deutlich abkühlt. Im Fokus steht heute eine dauerhaft gute Versickerungsleistung.

Eine Einschränkung besteht jedoch weiterhin: Haufwerksporige Pflastersteine sind deutlich weniger druckfest als gefügedichte Steine. Daher sind sie nur bis zu einer Belastungsklasse Bk 0,3 nach RStO 12 einsetzbar. Das muss bei der Planung berücksichtigt werden.

Hybridsteine

Deutlich vielseitiger sind sogenannte Hybridsteine: Sie vereinen die gute Versickerungsfähigkeit und Verdunstungsleistung der haufwerksporigen Steine mit der Stabilität von gefügedichten Steinen. Sie werden nach DIN EN 1338 hergestellt und dürfen bis Bk 3,2 nach RStO 12 eingesetzt werden.

Die Funktionsweise ist dabei denkbar einfach: Das Niederschlagswasser fließt in die Fuge und wird dort gefiltert. Danach kann es sich im Porenraum des Kernbetons verteilen. Wie beim haufwerksporigen Pflasterstein wird der Porenraum ebenfalls nur benetzt, sodass überschüssiges Wasser in die Bettung abfließen kann. Dadurch besteht auch bei Frost keine Gefahr für das Pflaster. Das Wasser im Porenraum wird im Anschluss über die Fugen wieder verdunstet. Dabei bleibt die Fugenbreite bei einem Fugenanteil von 5 – 10% moderat, sodass der Komfort für Benutzerinnen und Benutzer hoch ist.

Fazit

Das Stadtklima profitiert vor allem von der Verdunstungsleistung der Pflasterflächen. Durch die Verdunstung kühlt sich die Luft über dem Boden ab und schafft so ein verbessertes lokales Mikroklima. Auch wenn klimaregulierende Pflasterflächen keine alleinige Lösung sind, tragen sie auf diese Weise doch zu einem lebenswerten Stadtklima bei.

Quellen