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Zellulosedämmung – Faser, Flocken, Platten und weitere Anwendungsmöglichkeiten

In den letzten Jahren fand aufgrund zahlreicher Gesetze, Normen und Regeln, die die Baubranche grüner und nachhaltiger machen sollen, ein regelrechter Boom auf natürliche Dämmstoffe statt. Wie Holzfasern gehört Zellulose dabei auch zu den organisch-natürlichen Dämmstoffen. Dabei hat die Zellulosedämmung so mancherlei Vor- und Nachteile gegenüber herkömmlichen oder anderen natürlichen Dämmstoffen. Ist sie in der Anschaffung mit die günstigste Alternative, stellt sich das Entsorgen der Zellulosedämmung oft als Problem dar. Woran das liegt und was Zellulose dennoch zu einem der beliebtesten natürlichen Dämmstoffe werden lässt, erfahren Sie in unserem Fachartikel.

Inhaltsverzeichnis

Wie gut ist Zellulosedämmung?

Gut oder schlecht sind erfahrungsgemäß weniger dazu geeignet, die Eigenschaften von Baustoffen zu beschreiben, geben aber eine allgemeine Einschätzung der Hersteller und Anwender wieder. Trotz der Kategorisierung von Zellulosedämmung als „guter“ natürlicher Dämmstoff, lohnt sich ein Blick auf den Vergleich von Zellulose gegenüber anderen natürlichen wie auch „klassischen“ Dämmstoffen. 

Steinwolle oder Zellulose?

Steinwolle besteht aus Diabas, bzw. Basalt und gehört zu den mineralischen Dämmstoffen. Eines der großen Probleme derartiger Baustoffe ist deren relativ geringes Recyclingpotenzial. Bei Steinwolle, die oft in formschlüssiger Verbindung mit anderen Baustoffen auftritt, ist Recycling schlicht weg nicht möglich. Wurde die Steinwolle hingegen getrennt angewendet, kann diese als Steinwolle-Mehl wiederverwendet werden.

In puncto Wiederverwendbarkeit steht aber auch die Zellulosedämmung nicht viel besser da. Die Ursache dafür ist die Beimengung von Borsalzen oder Ammoniumphosphat um die Brandklasse B2 zu erreichen. Das zieht leider nach sich, dass derartig behandelte Zellulose weder organisch abbaubar noch für andere Zwecke zu verwenden ist. Aber selbst nach der brandschutztechnischen Behandlung weist die Zellulosedämmung einen geringeren Brandwiderstand als Steinwolle auf (A1). 

Mag das zwar aus Gründen des Brandschutzes für die Verwendung von Steinwolle als Dämmstoff sprechen, fallen jedoch weitere Vorteile der Zellulosedämmung im Vergleich dazu mehr ins Gewicht: An erster Stelle sind die bei der Zellulosedämmung sehr niedrigen Herstellungskosten zu nennen. So fallen beim Betrieb von sog. Fasermühlen weit weniger Energiekosten an als bei der industriellen Herstellung von Steinwolle durch Verschmelzung von Stein, Kalkstein und Formsteinen bei 1.500 Grad Celsius oder anhand der Zerfaserung im Düsenziehverfahren. (Wie Zellulosedämmung genau herstellt wird, erfahren Sie hier)

Beide Vorgehensweisen beinhalten aber dennoch das Recycling anderer Stoffe. Aber auch hier zeigt sich deutlich der Vorteil des Zellulosedämmstoffes gegenüber der Steinwolle. Denn zu dessen Herstellung wird schlicht Altpapier gesammelt und an einen zentralen Aufbereitungspunkt geliefert. Bei Steinwolle müssen die unterschiedlichen Inhaltsstoffe getrennt voneinander geliefert werden. Das macht die Lieferkette bei der Zellulosedämmung um ein vielfaches nachhaltiger und energieärmer.

 

Raumluftbelastung

Da bei der Herstellung von Steinwolle Phenolformaldehydharz verwendet wird, besteht bei der Verwendung dieses Dämmstoffs eine geringe Raumluftbelastung durch Formaldehyd. Ein ähnliches Problem stellt sich bei der Verwendung von Zellulosedämmung nicht.

Dennoch müssen bei der Anwendung als Zelluloseeinblasdämmung grundlegende Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, da die Feinstaubbelastung während des Arbeitsvorgangs entsprechend hoch ist – © gen1607 – stock.adobe.com

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Brandschutz, Gewicht und Wärmeleitfähigkeit – allgemeine Eigenschaft von Zellulosedämmstoffen

Wie bereits erwähnt, ist Zellulosedämmung ohne chemische Behandlung leicht entflammbar. Das gilt sowohl für Zelluloseflocken, die als Einblasdämmung verwendet werden, wie auch für Zelluloseplatten. Erste findet meist bei der Ausfüllung von Hohlräumen statt, letztere werden als Innendämmstoffe verwendet. 

Egal ob vorbehandelt oder im Verbund, Zellulosedämmstoffe müssen stets trocken bleiben. Zwar verhindern Borsalze oder Ammoniumphosphat die Schimmelpilzbildung, jedoch speichert Zellulose die Feuchtigkeit nicht, sondern gibt sie an die umliegende Bausubstanz ab. D. h. dass der Wasserschaden sich flächig ausbreiten und die anschließende Sanierung teuer werden kann. Dieses Problem tritt häufiger bei der „freien“ Verwendung von Zelluloseflocken in Dachstühlen auf. Bei der Verwendung von Zelluloseplatten hingegen befindet sich der Zellulosedämmstoff meist zwischen Innen- und Außenwand und ist deswegen weniger potentiellen Expositionen ausgesetzt. 

Wärmeleitfähigkeit der Zellulosedämmung

Neben der geringen Wärmeleitfähigkeit von 0,040–0,045 W/m²K (Watt pro Quadratmeter Kelvin) hat Zellulose einen Wasserdampfdiffusionswiderstand von 1 µ und ist somit doppelt so dicht wie Luft. Beide Eigenschaften führen dazu, dass Zellulosedämmung gute wärmedämmende Eigenschaften aufweist und gleichzeitig diffusionsfähig und feuchtigkeitsregulierend ist.

Zwar ist der Schallschutz bei einer Zellulosedämmung nicht vergleichbar mit anderen Dichtstoffen mit höherer Dichte und Diffusionswiderständen, aber dennoch ausreichend um Wohn- und Arbeitsräume vor Straßen- und Umgebungslärm zu schützen.

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Ausgabe März I April 2022 – Dachdämmung

Rohdichte und Primärenergieinhalt (PEI)

Mit einer Rohdichte von 30–80 kg/m³ (je nach Ausführungsart und Baustoff – Matten oder Einblasdämmung) ist Zellulosedämmung jedoch nicht unbedingt ein Leichtgewicht. Das kann vor allem bei Dachstuhlsanierungen im Altbau zu einem Problem werden. Die jahrzehntealten Dachbalken sind schlicht nicht für eine zusätzliche Gewichtbelastung von mehreren hundert Kilogramm konzipiert und bergen somit bei Verwendung von Zellulosedämmung eine Gefahr für die Gebäudestatik. Die Lösung des Problems stellt in vielen Fällen die Kombination aus Holzspanplatten und Zelluloseflocken dar. Wobei die Platten dem Dachstuhl sowohl Stabilität wie auch Hitze- und Wärmeschutz liefern.

Die zur Herstellung eines Baustoffs oder Bauprodukts notwendige Energie wird graue Energie oder Primärenergieinhalt genannt. Bei Zellulose beträgt dieser Wert 50 kWh/m³. Im Vergleich dazu rangiert dieser Wert für Steinwolle zwischen 150–400 kWh/m³ und bei Polystyrolpartikelschaum (EPS) zwischen 200–760 kWh/m³.

 

Fazit über die Vor- und Nachteile der Zellulosedämmung

Sowohl gegenüber herkömmlichen Dämmstoffen wie EPS oder Steinwolle, aber auch anderen natürlichen Dämmstoffen wie z. B. Holzfasern, Hanf oder Kork zeigt Zellulosedämmung ihre Stärken: geringe Wärmleitfähigkeit und niedriger Wasserdampfdiffusionswiderstand, relativ gute Schallisolierung und eine sehr gute Ökobilanz. Auch preislich schlägt die Zellulosedämmung ihre Konkurrenz: mit 10–20 Euro pro Quadratmeter ist sie günstiger als alle Alternativen auf dem Markt. Nicht zuletzt das führt dazu, dass Zellulose unter den ökologischen Dämmstoffen einen Marktanteil von über 35 Prozent hat und damit Marktführer ist.

In manchen Bereichen jedoch zeigt Zellulosedämmung aber auch Schwachstellen auf: Gegenüber mineralhaltigen Dämmstoffen weisen nahezu alle natürlichen Dämmstoffe nur die Brandschutzklasse B2 auf. Zusätzlich sollte die Zellulosedämmung strikt vor Feuchtigkeit geschützt werden, da es ansonsten zu Bauschäden kommen kann.

Dennoch überwiegen die Vorteile der nachhaltigen Zellulosedämmung bei Weitem die Nachteile. In der Praxis findet aber meist eine Kombination aus Zellulose und anderen natürlichen Dämmstoffen.

Quellen: „GEG Baupraxis“, „der bauschaden“, www.haus.de

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