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TRGS 519 – Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten

Änderungen der TRGS 519 von 2019

Nach Vorgabe aus Brüssel einigten sich die Länder auf eine Novellierung der TRGS 519 zum Januar 2014. Nach dem Inkrafttreten der neuen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) im Jahr 2010 mit Änderungen im Jahre 2013 war eine Novellierung der bis dahin gültigen TRGS 519 – Asbest– Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (vom Januar 2007) unabdinglich.

Im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl Nr. 40 vom 17.10.2019, S. 786) wurde erneut eine überarbeitete und ergänzte Fassung der TRGS 519 „Asbest – Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“ veröffentlicht.

Die Ergänzungen der TRGS 519 beziehen sich vor allem auf Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern (PSF) oder anderen ehemals verwendeten bauchemischen Produkten mit vergleichbaren Asbestgehalten. Dementsprechend wurden die Anzeigenformulare, insbesondere Anlage 1.1 und 1.4 um die PSF Materialien ergänzt.

Mit der neuen Anlage 9 wird eine Hilfestellung zur Gefährdungsbeurteilung und zur Festlegung der Schutzmaßnahmen für Tätigkeiten an asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder anderen ehemals verwendeten bauchemischen Produkten mit vergleichbaren Asbestgehalten angefügt. Nr. 2 dieser Anlage enthält eine Exposition-Risiko-Matrix zu Tätigkeiten an Bauteilen, die diese asbesthaltigen bauchemischen Produkte enthalten.

Zudem enthält die neue Anlage 7.2 Mindestanforderungen an Luftreiniger für den Einsatz bei Tätigkeiten an Bauteilen mit asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern und ehemals verwendeten bauchemischen Produkten mit vergleichbaren Asbestgehalten.

Ziel der Gefahrstoffverordnung ist es, den Menschen und die Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen zu schützen. Dies geschieht durch Regelungen zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe. Für den Umgang mit Gefahrstoffen sind Maßnahmen zum Schutz der Ausführenden und anderer Personen zu ergreifen. Zudem ist die Herstellung, das Verwenden und das Zubereiten bestimmter gefährlicher Stoffe zu beschränken. Hierunter fallen auch Stoffe, welche die Kriterien für die Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fruchtbarkeitsgefährdend erfüllen (nach Anhang der Europäischen Richtlinie 67/548/EWG Anhang VI vom Juni 1967).

Asbestfasern werden nachweislich den krebserzeugenden Gefahrstoffen zugeordnet und wurden durch die WHO (World Health Organization) aufgrund ihrer Struktur und Beschaffenheit in die „partikelförmigen Gefahrstoffe“ eingestuft. Im Anhang I der GefStoffV werden im Abschnitt 2 explizit der Anwendungsbereich, die Begriffsbestimmung und die zu treffenden Schutzmaßnahmen mit Staubexposition für Tätigkeiten gegen Gefährdung mit Asbestfasern ausführlich beschrieben. Im Anhang II werden die besonderen Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen erfasst.

Schon hier wird die unumgängliche Novellierung der TRGS 519 (Ausgabe 2007) deutlich. Die TRGS 519 (2007) bezieht sich im Abschnitt 1 Satz 3 „Anwendungsbereich“ auf den Anhang III Nr. 2.4 „Ergänzende Vorschriften zum Schutz gegen Gefährdungen durch Asbest“ der GefStoffV aus dem Jahr 2005. Durch die Neuerungen in der GefStoffV beinhaltet der Anhang III jedoch nicht mehr die Anforderungen zu Tätigkeiten mit Asbest. Der Bezug auf die Gefährdung durch Asbestfasern wurde neu gefasst.

Für die Praxis gilt nunmehr wie folgt:

Nach Anhang II Nr. 1 Satz 1 der GefStoffV sind Arbeiten an asbesthaltigen Teilen von Gebäuden, Geräten, Maschinen, Anlagen, Fahrzeugen und sonstigen Erzeugnissen verboten.

Der Satz 1 gilt jedoch nicht für Abbruch- sowie Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten, außer, wenn sie zu einem Abtrag der Oberfläche führen. Dies können Abschleif-, Druckreinigungs- oder Bürstenarbeiten sein.

Im Abschnitt 2 „Begriffsbestimmungen“ werden zudem die „Abbrucharbeiten“ in der neuen TRGS 519 detaillierter definiert. So wurde aus: „[…] das Abbrechen von baulichen Anlagen oder Teilen davon, […]“ jetzt neu: „[…] das vollständige Abbrechen (Rückbau) baulicher Anlagen oder Teilen davon […]“.

Was in der Vergangenheit unter Einhaltung der geltenden Vorschriften auch von privaten Haushalten ausgeführt werden konnte, darf seit der Novellierung nur noch von Fachfirmen ausgeführt werden, welche die Sachkunde nach TRGS 519 nachweisen können. Auch hier wurde der Bezug zur GefStoffV deutlich erfasst.

Zulässige Asbestkonzentration gesenkt

Eine der wichtigsten Änderungen in der TRGS 519 wird im Abschnitt 1 „Anwendungsbereich“ erfasst: Der bisherige Konzentrationswert von Asbestfasern am Arbeitsplatz (während der Ausführung von Arbeiten an asbesthaltigen Produkten) war mit 15.000 F/m3 Luft festgelegt. Dieser Wert wurde herabgestuft auf 10.000 F/m3 Luft. Dadurch wird der Beschäftigte, der direkt am asbesthaltigen Produkt arbeitet, bei Einhaltung dieser Richtlinien besser geschützt. Zusätzlich wurde dieser Asbestfaserkonzentrationswert umbenannt in einen sog. „Akzeptanzkonzentrationswert“. Dies bedeutet, dass das hinnehmbare Krebsrisiko bis 10.000 F/m3 Luft akzeptiert wird.

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Personenbezogene Messungen sichern bei diesen Arbeiten an festgebundenem Fensterkitt die Einhaltung der Konzentrationswerte. (Bildquelle: D. Voss)

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Toleranzkonzentrationswert

Der neu eingeführte „Toleranzkonzentrationswert“ beschreibt die duldsame schichtbezogene Faserkonzentration. Diese darf bis zu 100.000 F/m3 Luft betragen. Der Wert bezieht sich auf die abgeleiteten Konzentrationswerte des Arbeiters aus einer Arbeitslebenszeit von 40 Jahren, bei einer kontinuierlichen arbeitstäglichen Exposition.

Ausbildung und Einsatz sachkundiger Personen

Tätigkeiten mit asbesthaltigen Produkten sind immer von einer sachkundigen Person zu begleiten. Die entsprechende Sachkunde ist durch eine erfolgreiche Teilnahme an einem behördlich anerkannten Sachkundelehrgang zu erbringen.

Neu im Abschnitt 2.7 „Sachkundige Personen“ ist die eingeführte zeitbegrenzte Geltungsdauer von sechs Jahren für die erworbene Sachkunde. Nun besteht der Auftrag, sich bei einem behördlich anerkannten Lehrgangsträger fortzubilden und/oder den gültigen Lehrgang spätestens alle sechs Jahre zu wiederholen – sonst folgt der Verlust des Sachkundenachweises. Somit soll erreicht werden, dass die Arbeiten mit dem Gefahrstoff Asbest auf dem Stand der Technik durchgeführt werden und sich die Fachfirmen von den sog. „Alibi-sachkundigen“-Firmen absetzen.

Mit der novellierten Fassung der TRGS 519 vom 17.10.2019 wurde eine neue Anlage 10 eingeführt. Die neue Anlage 10 enthält ein Qualifikationsmodul 1E mit Anforderungen an die Qualifikation für aufsichtführende Personen bei Anwendung behördlich (IFA) anerkannter emissionsarmer Verfahren nach Nr. 2.9 der TRGS 519.

Arbeiten geringen Umfangs

Neu definiert wurden zudem „Arbeiten geringen Umfangs“, die im Abschnitt 2.10 erfasst sind. Wenn „[…] im Rahmen der Planung des Gesamtobjekts festzustellen oder absehbar ist, dass derartige Arbeiten wiederholt durchgeführt werden […]“[1] liegen beispielsweise keine Arbeiten geringen Umfangs (mehr) vor. Entgegen der „alten TRGS 519“ ist hier der „Spielraum“ genommen, z. B. jeweils 2,00 m2 asbesthaltige Bodenfliesen auf fünf Etagen in Fluren eines Gebäudes verteilt, fachgerecht als „Arbeiten geringen Umfangs“ zu sanieren. Dies ist nicht mehr statthaft.

Verantwortlichkeiten in den ausführenden Firmen

Die Verantwortlichkeit und Struktur in einem ausführenden Betrieb wurde ebenfalls überarbeitet. War es bisher notwendig, dass ein „[…] Betrieb, der Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten durchführt, […] über einen Sachkundigen verfügen […]“ musste, so ist dies neu und gegliederter definiert. So „[…] hat der Arbeitgeber, der Tätigkeiten im Sinne dieser TRGS durchführt, eine verantwortliche Person festzulegen, die diese Aufgaben und Pflichten übernehmen kann. Notwendige Voraussetzungen sind die Sachkunde und die arbeitgeberseitig schriftlich erteilte Weisungsbefugnis gegenüber den Beschäftigten. Die Verantwortliche Person kann auch die Aufgaben des Aufsichtsführenden oder des Koordinators […] wahrnehmen.“ [2]

Der Arbeitgeber bzw. Betrieb benötigt den Nachweis der Sachkunde also nicht mehr zwingend selbst. Somit können diese Dienstleistungen auch ordnungsgemäß „eingekauft“ werden.

Beschaffenheit von Materialschleusen

Die Anforderungen an das zu verwendende Equipment, wie Personal-Dekontaminationsschleusen und Materialschleusen, wurden dem neuesten technischen (anerkannten) Stand angepasst. Eine exakte Beschreibung der Beschaffenheit einer Materialschleusenkombination und der aufzustellenden Materialschleuse wurde unter „14.3 Anforderungen an Materialschleusen“ neu in die TRGS 519 aufgenommen:

„(1) Material-Dekontaminationsanlagen (Materialschleusen) sind so zu gestalten, dass Gegenstände und Materialien einwandfrei transportiert, gereinigt, verpackt und zwischengelagert werden können […]. Wesentliche Anforderungen an die Materialschleuse sind

  1. Fußböden, Wände und Decken aus festem, abwaschbarem, glattem Material,
  2. kontrollierte Unterdruckhaltung in Kammer 2; dabei darf der Unterdruck nicht höher als im Arbeitsbereich sein,
  3. Be- und Entlüftung der Kammern (zehnfacher Luftwechsel pro Stunde und diagonale Durchströmung in Kammer 2),
  4. vor der Materialentnahme mindestens 30-facher Luftwechsel in Kammer 1,
  5. selbstschließende Kammertüren,
  6. Verriegelung der Türen, so dass jeweils die Türen 1 und 2 sowie 2 und 3 nicht gleichzeitig geöffnet werden können,
  7. Einleitung von Waschwasser in die Abwasserkanalisation.“ [3]

Hier gab es in der Vergangenheit aufgrund der nicht eindeutigen Beschreibung hinsichtlich der Beschaffenheit einer solchen Schleuse die abstrusesten Varianten. Zudem wird in der neuen TRGS nun auch eindeutig gefordert, dass das Betreten und Verlassen des Arbeitsbereichs durch die Materialschleuse nicht zulässig ist.

Schleusen erzeugen einen Unterdruck in einem Gewächshaus mit asbesthaltigem Kitt. (Bildquellen: D. Voss)

Für die erforderliche „Freigabemessung“ (vor Aufhebung von Schutzmaßnahmen) wurde die VDI 3492 [4] eingehender herangezogen. Auch die Überarbeitung der VDI 3492 aus dem Jahr 2013 beruht auf der Novellierung der GefStoffV aus dem Jahr 2010. Nun sind bei einer Arbeitsraumgröße beispielsweise zwischen 10 und 100 m2 nunmehr immer mindestens zwei Raumluftmessgeräte aufzustellen und Messungen durchzuführen. Nach der vorangegangenen gültigen Richtlinie war es möglich, auch nur eine Messung zum Nachweis zu erstellen.

Sowohl die Arbeiten als auch der Umgang an und mit asbesthaltigen Produkten wurde dem heutigen Stand der Technik weiter angepasst. Die Anforderungen an die Schutzmaßnahmen stehen mit der Novellierung der TRGS 519 vom Januar 2014 gegenüber der TRGS 519 vom Januar 2007 in einer stärkeren Übereinstimmung zur bestehenden Gefahrstoffverordnung vom Januar 2010 mit der Überarbeitung aus dem Jahr 2013.

Weitere Verschärfungen geplant

Dennoch sind die heutigen Anforderungen nur die richtungsweisenden Änderungen zu den angestrebten Schutzmaßnahmen und Vorgaben auf europäischer Ebene bis zum Jahr 2018. So soll der eben erst neu eingeführte „Akzeptanzkonzentrationswert“ von 10.000 F/m3 Luft weiter auf 1.000 F/m3 Luft gesenkt werden.

Das klingt zunächst sehr positiv, da bei einer Tätigkeit an asbesthaltigen Produkten die Freisetzung von 1.000 F/m3 Luft nicht überschritten werden darf, ohne dann entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Der aktuell gültige Schwellenwert (einen gesundheitlich unbedenklichen Konzentrationsgrenzwert gibt es für Asbest nicht), liegt jedoch derzeit bei genau 1.000 F/m3 Luft. Das heißt, bisher besteht eine Sanierungspflicht für eine asbestfaserfreisetzende Quelle in einem Innenraum erst ab 1.000 F/m3 Luft, sofern diese nach einer durchgeführten Raumluftmessung (Status quo) beurteilt wird.

Ab 2018 ist aber davon auszugehen, dass dann sämtliche Arbeiten an asbesthaltigen Produkten (festgebunden oder schwachgebunden) in abgeschotteten Bereichen auszuführen sein werden. Das heißt im Umkehrschluss, was heute noch einen „Schwellenwert“ darstellt – ohne mechanische Einwirkung auf das Produkt selbst – ist ab 2018 ein Grenzwert für auszuführende Arbeiten, die hochwertige Abschottungsmaßnahmen erfordern.

Die stufenweisen Anpassungen sollen der Wirtschaft und Forschung jedoch die Möglichkeit geben, diesen Vorgaben zu folgen und Schritt zu halten in der Entwicklung neuer Verfahren für Abbruch, Sanierung und Instandhaltung von asbesthaltigen Produkten. Sollte dies nicht gelingen, folgen möglicherweise Kostenexplosionen für die Sanierung und Illegalität durch unsachgemäßes Rückbauen und Entsorgen.

[1] TRGS 519 Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, Ausgabe Januar 2007, berichtigt März 2007 sowie Ausgabe Januar 2014

[2] TRGS 519 Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, Ausgabe Januar 2007, berichtigt März 2007 sowie Ausgabe Januar 2014

[3] TRGS 519 Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten, Ausgabe Januar 2007, berichtigt März 2007 sowie Ausgabe Januar 2014

[4] VDI 3492 Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Messen von Immissionen – Messen anorganischer faserförmiger Partikel – Rasterelektronenmikroskopisches Verfahren vom Juni 2013 

Quelle: Forum Verlag Abbruch und Rückbauarbeiten in der Praxis

Bildquelle Header: Wirestock – stock.adobe.com

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